top of page
  • Annette Coumont

Zukunft für alle

Wie werden wir in Zukunft leben? Ein aktuelles Buch zeigt eine umfassend positive Vision für 2048, die Mut und Lust auf die Zukunft macht.

Das Buch Zukunft für alle geht der Frage nach, wie wir 2048 leben werden. Es ist eine umfassend positive Vision für die Zukunft.

Wie werden wir 2048 leben, wie werden wir uns fortbewegen, wie arbeiten und was machen wir in unserer Freizeit? Wo steht dann unsere Demokratie, unser Gesundheitssystem, unsere Ernährung? Und was haben wir in Sachen Klimaschutz erreicht? In diesem Auszug aus dem Buch „Zukunft für alle” von Kai Kuhnhenn, Anne Pinnow, Matthias Schmelzer und Nina Treu aus dem Oekom Verlag stellen wir euch eine Vision für den Bereich Arbeit vor. Sie zeigt uns, wie eine Zukunft aussehen könnte, wenn sie gerecht, ökologisch und machbar sein könnte - für alle.


2048

Heute haben wir alle einen abwechslungsreichen und entschleunigten Alltag. Die Erwerbsarbeitszeit von maximal 20 Stunden pro Woche macht es allen möglich, dass Zeit zur Verfügung steht für selbstgewählte Tätigkeiten und mehr Muße. Wir sind weniger gestresst und verspüren keinen Druck, erwerbsarbeiten zu müssen. Wir sind freier darin zu entscheiden, mit welchen Aufgaben wir unseren Alltag und Lebensweg füllen.


Erwerbsarbeit – nur eine Form der Arbeit neben anderen

Heute steht Erwerbsarbeit gleichberechtigt und gleichwertig neben drei weiteren Tätigkeitsfeldern: Sorgearbeit, Selbstentfaltung sowie politisches Engagement. Erwerbsarbeiten gehen die Menschen heute in der Regel noch 20 Stunden pro Woche. Diese Zeit reicht aus, damit die Versorgung und Organisation der Gesellschaft gewährleistet sind. In früheren Zeiten wurde „Erwerbsarbeit“ oft mit dem Wort „Arbeit“ gleichgesetzt. Diese Erwerbsarbeit war Dreh­- und Angelpunkt jeder Biografie, trug zum Überleben bei, war dabei aber nicht immer existenzsichernd. Andere Tätigkeiten wurden oft ausgeblendet. Diese Kurzsichtigkeit ist im Jahr 2048 überwunden – verschiedene Formen von Arbeit werden anerkannt und von allen ausgeübt. Mit Sorgearbeit – auch Care Arbeit genannt – sind Tätig­keiten gemeint wie Putzen, Wäsche machen, Kochen, Einkaufen oder den Haushalt organisieren. Dazu gehört auch, sich um Kinder, Ältere und andere Menschen, die Unterstützung brauchen, zu kümmern und sie zu versorgen. Auch die Selbstsorge und Lebensberatung von Freund*innen ist mitgemeint.Das Feld der Selbstentfaltung umfasst Lernen, neugierig das Leben erkunden, künstlerisch tätig sein, Sport treiben, Schreiben, Reisen oder sich der Muße hingeben.Politisches Engagement meint, dass Menschen sich einbringen und Gesellschaft gestalten, beispielsweise in den Räten oder der Selbstorganisation eines Betriebs.


Der Sorgebereich – das größte Tätigkeitsfeld

Die Gleichrangigkeit dieser vier Tätigkeitsfelder ist heute nicht nur ideell umgesetzt. Dazu hat vor allem die veränderte Zielsetzung des Wirtschaftens geführt – mensch­liche Bedürfnisse stehen im Zentrum. Ein wesentlicher Teil der exis­tenziellen Bedürfnisse werden durch Sorge ­und Fürsorgearbeit erfüllt, weshalb sie Priorität vor anderen Arbeitsfeldern genießt. Diese Umstrukturierung verän­derte damalige Wirtschaftszweige tiefgreifend. Viele Jobs, in denen vor allem Männer tätig waren, waren nicht mehr notwendig (Automobil­industrie, Bergbau, erdölbasierte Industrie, Rüstungsproduktion uvm.) und die Menschen brauchten neue Tätigkeitsfelder.


Die Transformation war herausfordernd und brauchte viel Fingerspitzengefühl, da sich eines der bedeutendsten Identifikationsfelder – die Erwerbsarbeit – für Millionen Menschen änderte. Im Ergebnis sind heute deutlich mehr Menschen aller Geschlechter entlohnt und unentlohnt im Sorgebereich tätig, was Geschlechterrollen nachhaltig veränderte und die Emanzipation von damals traditioneller Arbeitsteilung beschleunigte. Die heutige zentrale Stellung der Sorgearbeit wirkte sich auch auf globale Sorgeketten aus und machte sie überflüssig, da es schon lange keinen Mangel mehr an Menschen gibt, die in dem Bereich tätig sind. Heute ist unvorstellbar, dass vor allem Frauen aus anderen Ländern ihre Familien und Lieben für viele Jahre verließen und schlecht bezahlt wurden, um Kin­der oder ältere Menschen fremder Familien weit weg von zuhause zu versorgen.


Hausarbeit ist auf vielen Schultern verteilt

Hausarbeit ist heute auf mehr Menschen verteilt. Die 20 Stunden­-Woche, die gesellschaftliche Ausrichtung auf Sorgearbeit und die sich auflösenden Geschlechterrollen bewirkten vor allem eine gleichberechtigte Verteilung der Hausarbeit zwischen den Geschlechtern. Letztlich führte auch die Umgestaltung von Wohnraum dazu, dass sich Menschen innerhalb von Häusern und Nachbarschaften Aufgaben wie Einkaufen, Kochen, Waschen, Putzen, Reparaturen, Kinderbegleitung und Sorgearbeit für Ältere und Menschen mit Be­einträchtigungen aufteilen.


Wohnungen sind oft flexibel je nach Nutzungsbedarf veränderbar. In den meisten Wohnhäusern oder Wohnblöcken gibt es große Küchen, Werkstätten, Waschküchen, Gemeinschaftsräume und Gärten. Dadurch begegnen sich Nachbar*innen viel häufiger und erleben sich intensiver als Gemeinschaft. Die Menschen, die miteinander wohnen, fühlen sich ver­antwortlich füreinander und unterstützen sich in vielen Sorgetätigkeiten. Zum Beispiel bringen sie sich gegenseitig das Essen und Produkte aus dem Lebensmittelpunkt mit, kochen für die Wohngemeinschaft oder halten den Wohnort sauber und instand. Menschen entscheiden selbst, mit wem sie enger zusammenleben wollen, für wen sie Sorgeverantwortung übernehmen, wie sie sich in die Gemeinschaft einbringen oder auch nicht. Heute sind die Menschen in ihre direkte Nachbarschaft eingebettet und viel weniger isoliert.


Lebensläufe jenseits des Arbeitszwangs

Die vier Tätigkeitsfelder setzen die Menschen selten zeit­gleich an einem Tag um. Vielmehr gibt es heute Lebensphasen, in denen ein bis zwei jener Tätigkei­ten intensiver nachgegangen wird als anderen. So wechseln sich die Schwerpunkte immer wieder ab. Menschen widmen sich eine Zeit lang ihrer Bildung und gehen in diesem Bereich ihren Interessen nach. Anschließend entscheiden sie sich, mehr Sorgearbeit für jemanden zu übernehmen, schließen eine Phase politischen Engagements an, um später womöglich intensiver einer Erwerbsarbeit nachzugehen und dann nach einiger Zeit der politischen Arbeit wieder mehr Aufmerksamkeit zu geben. Die Ab­wechslung ist jederzeit frei wählbar, ganz ohne vorgezeichneten Lebens­lauf.


Umsetzbar ist das, weil alle auch dann umfassend sozial abgesichert sind, wenn sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Die Entkoppelung von Erwerbsarbeit und Existenzsicherung war ein Durchbruch der sozial­ökologischen Transformation. Der Arbeitszwang wurde begraben, gesellschaftliche Teilhabe wurde garantiert, egal, welcher Tätigkeit Menschen nachgehen. Auch heute gibt es Menschen, die gar keiner Tätigkeit nach­gehen. Das tun sie meistens aber nur für einen kurzen Zeitraum. Die Umgestaltung der Gesellschaft ohne Arbeitszwang, die Schaffung vieler sinnvoller Tätigkeiten mit attraktiven Arbeitsbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten haben dazu geführt, dass Menschen meist tätig sein wollen. Manche sind es viel­leicht nicht im Erwerbsbereich, übernehmen dafür aber andere Aufgaben. Heute sind Menschen eher bereit, von sich aus beizutragen, weil es sinnvoll scheint und sie selbstbestimmt entscheiden können.


Hier gehts zur vollständigen Leseprobe zum Weiterlesen beim Oekom Verlag.



Über die Autoren: Anne Pinnow, Kai Kuhnhenn, Matthias Schmelzer und Nina Treu arbeiten beim Konzeptwerk Neue Ökonomie. Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit sozial-ökologischer Transformation, unter anderem mit den Schwerpunkten (Sorge-)Arbeit, Degrowth, Klima und Ökonomie – sowohl im Konzeptwerk als auch in verschiedenen anderen Kontexten.


Eine Vision für 2048
Zukunft für alle






Anne Pinnow, Kai Kuhnhenn, Matthias Schmelzer und Nina Treu

Zukunft für alle - Eine Vision für 2048

Oekom Verlag, 104 Seiten

9,- € (D)

ISBN 978-3-96238-257-5



bottom of page